Mami muss noch schnell was tun! - Wirklich?!

24. Jan, 2018

in der ruhe liegt die KraftMein kleiner Mann hing mir am Ärmel… „Maaaamiii, ich will ein Spiel mit dir spielen, du hast es mir versprochen!“ Ja, das stimmte. Ich hatte ihm am Tag zuvor versprochen, dass wir heute endlich sein neues Quartett-Spiel zu zweit ausprobieren wollen. Nicht, dass mich Rennautos wirklich interessieren. Drehmomente, KW-Leistungen und Ähnliches sind nicht so wirklich meine Welt. Aber versprochen ist versprochen. Gestern war die Zeit auf einmal weg dafür, und heute soll es sein. Blöd nur, dass ich in einem Anfall von Arbeitsbegeisterung oder auch der mir eigenen Kundenorientierung nochmal ein 30minütiges Telefonat für nachmittags akzeptiert hatte. Denn eigentlich versuche ich alles bis 14:00 zu erledigen an normalen Tagen. Gleichzeitig muss ich als Selbstständige auch sehen, wann die Kunden Zeit haben. Die klassische Zwickmühle, die vielleicht einige von Euch kennen. Und da höre ich mich auch schon antworten „Jetzt nicht, Schatz! Ich muss erst noch schnell eine halbe Stunde telefonieren. Da wartet jemand auf meinen Anruf!“

Die Reaktion bei ihm war klar – er war maßlos enttäuscht und sauer auf mich. „Nie hast du Zeit! Du hast es mir aber doch VERSPROCHEN!“ In diesem Moment stritt ich das ab und griff wie geplant zum Hörer. Er verzog sich grummelnd in sein Zimmer. Nach Beendigung des Telefonats komme ich wieder aus dem Arbeitszimmer, machte mir einen Kaffee. Und dann stand ich auch zu meinem Wort und spielte mit ihm sein Quartett – ihm zu Liebe. Ganz klar!

Trotzdem blieb ein Stachel hängen und ich habe noch nachgedacht über das, was da passiert ist. Und drei Dinge sind mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen.

Zuallererst: Alternativ zu „Telefonat“ hätte es auch „Wäsche aufhängen“ sein können. Denn ich bin auch selbstständige Hausfrau. (Ha!)

Es ist also so, dass ich meine Beschäftigung (im weitesten Sinne) punktuell vor die Interessen meines Sohnes setze. Da ist nichts gegen einzuwenden. Und ich denke auch nicht, dass es ihm schadet, wenn ich nicht sofort nach seinem Willen handele. Es ist etwas anderes. Konkret drei Dinge:

  • Er hat recht. Ich neige durchaus dazu, etwas zu versprechen und das dann in seinem Sinne „nicht“ einzulösen, nämlich oft dann nicht, wenn er das will. Hierbei ist der Punkt, dass mein Versprechen zu wenig zeitlich konkret ist, vor allem für mich selber. Das führt leicht dazu, dass er denkt, nach dem Mittagessen geht es los, was dann aber nicht so ist. Hätte ich früher im Büro mit Kollegen wahrscheinlich nicht so wenig konkret gemacht, oder? Mache ich auch nicht mit meinen Kunden. Haben meine Kinder da nicht den gleichen Respekt verdient? Ui, ich merke, wie das an meinem Grundverständnis von Familie rüttelt…
  • Ich „MUSS“ eigentlich gar nicht, sondern ich suche mir das aus, oder nicht? Es war doch irgendwann mal meine Entscheidung, diese Art von Arbeit machen zu wollen. Und es ist auch meine Entscheidung, wie und wann ich die Arbeiten im Haushalt erledige. Ich MUSS das also gar nicht, sondern ich WILL oder MÖCHTE das tun, weil ich gute Gründe dafür habe. Diese kleine Änderung in der Wortwahl bewirkt sofort zwei Dinge in mir: Erstens stelle ich fest, dass sich meine eigene Haltung zu dem Thema ändert – ich bin am Drücker. Ich entscheide, wann und was ich tun will, und das hat Konsequenzen. Ich bin verantwortlich für meine Zeiteinteilung. Und ich bin keine Getriebene, auch wenn wir uns oft so erleben. Zweitens: Welches Bild von Arbeit möchte ich meinem Kind vermitteln? Wenn Mami immer etwas MUSS, dann kann das ja nichts Schönes sein. Möchte ich meinem Kind tatsächlich von klein auf vermitteln, dass Arbeit etwas Unangenehmes ist?. Dabei kann Arbeit ganz wunderbar und erfüllend sein, und genau das erlebe ich oft genug bei meiner Arbeit. Das Telefonat mit dem Kunden macht mir ja sogar Spaß (vor allem, wenn es um einen neuen Auftrag geht 😉…) Und ich würde mir wirklich wünschen, dass auch mein Sohn eines Tages Spaß hat an seiner Arbeit.
  • Wieso muss ich „erst noch SCHNELL“ telefonieren? Alternativ noch schnell die Wäsche aufhängen oder noch schnell staubsaugen… Da kannst du Beliebiges einsetzen. Ich habe angefangen, mich zu beobachten, wie oft ich das Wort ‚schnell‘ gebrauche. Und tatsächlich gebrauche ich schnell sehr schnell! Es ist unbedacht, aber Ausdruck meines vollen Terminkalenders. Viele Aufgaben erfordern vermeintlich eine gewisse Grundschnelligkeit, damit sie wirklich alle im von mir vorgegebenen Zeitraum auch erledigt werden können. Oder nicht? Da hat mein älterer Sohn die Antwort drauf: „Mami, chill doch mal!“ Er will halt nicht schnell mal seine Vokabeln lernen. Und in diesem „schnell mal“ steckt auch drin, dass ich gedanklich oft schon bei der nächsten Tätigkeit bin. Schnelligkeit ist eine Qualität, das sicher. Aber immer schnell?

Und was lerne ich daraus?

  • Nicht so schnell unkonkret versprechen und wenn, dann eine möglichst feste Zeit vereinbaren. Gilt auch bei den Kindern und nicht nur bei der Arbeit. Dafür: Erstmal tief durchatmen und denken – in der Ruhe liegt die Kraft!
  • Ich MÖCHTE das Telefonat führen, ich WILL die Wäsche aufhängen… – meine Wortwahl macht einen Unterschied!
  • Schnell? Siehe oben: In der Ruhe liegt die Kraft.

Also, was werde ich in Zukunft antworten?

„Schatz, in einer halben Stunde werde ich gerne dein Spiel mit dir spielen. Vorher möchte ich noch mit meinem Kunden telefonieren.“ Er wird trotzdem sauer sein, aber das gehört ein Stück weit dazu.

Zitat: Wer auf allen Wegen geht verfehlt den Weg nach Hause. (Aus dem Senegal)

Ich wähle einen Weg nach dem anderen, mit Ruhe. Ich möchte nämlich zuhause ankommen, bei meinem Sohn und bei mir!

P.S.: Autoquartett mag ich aber immer noch nicht.

Was sind deine Erfahrungen mit dem Thema?

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